In seiner Begrüssung zog Beat Bollinger, Vorsitzender der Bankleitung, einen Vergleich aus der Praxis: Gleichgewicht sei nicht nur im Sport entscheidend, sondern auch in der Führung und an den Finanzmärkten.
„Ob beim Einzelsport, im Mannschaftsspiel oder im Management – es geht immer um Balance: Menschen zu fordern und gleichzeitig das richtige Mass zu finden“, sagte Bollinger. „Auch die Finanzmärkte suchen ständig nach Gleichgewicht. Sind sie noch in Balance? Gilt das auch für den Goldpreis oder für die Zölle von Donald Trump?“ Fragen, die Anlegerinnen und Anleger derzeit weltweit beschäftigen.
Globale Unsicherheit – und dennoch stabile Märkte
Der Rückblick zeigte: 2025 war ein Jahr der Gegensätze. Nach einem starken Jahresauftakt sorgten neue US-Zölle im Frühling für einen spürbaren Kurseinbruch, der sich jedoch rasch korrigierte. Ein Zeichen dafür, wie anpassungsfähig die Märkte geworden sind.
„Die Märkte haben gelernt, mit Unsicherheit zu leben“, erklärte Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft. „Unternehmen reagieren heute schneller, diversifizieren ihre Lieferketten, investieren in Technologie und Nachhaltigkeit – das stabilisiert die Börsenentwicklung.“
Keine Rezession in Sicht
Trotz geopolitischer Spannungen – von Handelskonflikten über Energiepolitik bis zu Währungsinterventionen – blieb der Schweizer Finanzplatz bemerkenswert robust. Die Wirtschaft liegt unter ihrem Potenzial, jedoch ohne Anzeichen einer Rezession. Die Konjunktur in Europa wächst um rund ein Prozent, was einem moderaten, aber stabilen Tempo entspricht.In den USA und in China zeigt sich eine konjunkturelle Abschwächung, doch die Zentralbanken agieren umsichtig: Viele Länder bewegen sich geldpolitisch zwischen Zinssenkung und Stabilisierung.
Schein und Sein am Aktienmarkt
Mit über zehn Prozent Kurszuwachs entwickelte sich der Schweizer Aktienmarkt 2025 überdurchschnittlich. Doch Geissbühler warnte vor Fehlinterpretationen: „Der Aktienmarkt spiegelt nicht die gesamte Wirtschaft wider. Während exportorientierte Unternehmen wie Richemont oder Swatch Group unter Handelsbarrieren leiden, profitieren Banken, Versicherungen und Dienstleister von stabiler Nachfrage, robusten Margen und geringerer Abhängigkeit vom Welthandel.“ Der starke Franken dämpft zwar die Exportaussichten, wirkt aber gleichzeitig als Inflationsschutz und stärkt die reale Kaufkraft im Inland – ein klassischer Schweizer Widerspruch, der sich auch in diesem Jahr fortsetzt.
Der Anlagekompass: Qualität, Diversifikation, Sachwerte
Angesichts globaler Unsicherheit bleibt Kapitalanlage anspruchsvoll. In der Schweiz herrscht weiterhin ein gewisser Anlagenotstand: Staatsanleihen rentieren zwar wieder leicht positiv, doch real – also inflationsbereinigt – liegen sie im negativen Bereich. Sparkonten verlieren so weiter an Kaufkraft. Entsprechend rücken dividendenstarke Qualitätsaktien, Immobilienfonds und breit diversifizierte Sachwertstrategien in den Fokus. Geissbühler zitierte den Börsenaltmeister André Kostolany: „Kurzfristig kann es riskant sein, in Aktien zu investieren. Langfristig ist es riskanter, es nicht zu tun.“ Sachwerte – von Immobilien über Infrastruktur bis zu erneuerbarer Energie – gewinnen als stabilisierende Portfolioanker an Bedeutung. Entscheidend bleibt die Streuung: geografisch, sektoral und währungsmässig.