Dringliche Anfrage:
Bei der Beratung des Budgets 2026 ergab sich eine ungewöhnliche, rechtlich äusserst fragwürdige Situation im Umgang mit dem Ratsreferendum. Nachdem das Stadtparlament den Steuerfuss bei 118 Prozent festsetzte, ergriff die SVP das Ratsreferendum zugunsten von 115 Prozent. Kurz darauf wurde ein weiteres Ratsreferendum mit dem Ziel von 121 Prozent ergriffen. Beide erhielten die erforderliche Stimmenzahl. Anschliessend wurde das 121-Referendum dem 115-Referendum gegenübergestellt und setzte sich durch. Damit wurde das zuerst zustande gekommene 115 Prozent-Referendum faktisch neutralisiert. Dieses Vorgehen hat im Rat selbst, aber auch in der Öffentlichkeit erhebliche Irritationen ausgelöst. Es könnte die Schaffung eines Präjudizes bedeuten, indem eine Mehrheit des Parlaments unliebsame Referenden durch Alternativvorlagen gegenstandslos machen könnte.
Der Stadtrat beantragte einen Steuerfuss von 121 Prozent, dieser Antrag wurde vom Parlament abgelehnt. Somit existierte zum Zeitpunkt der Referendumsabstimmungen lediglich ein gültiger Beschluss zu 118 Prozent. Gegen diesen Beschluss wurde bereits ein Ratsreferendum erhoben, womit die Durchführung einer Volksabstimmung zwingend wird.
Dass trotzdem ein weiteres Ratsreferendum zugelassen wurde, erscheint zumindest fragwürdig.
Der korrekte Umgang mit dem Ratsreferendum ist eine zentrale Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der direkten Demokratie. Vor diesem Hintergrund bitten wir den Stadtrat um Beantwortung der folgenden Fragen:
- Ist der Stadtrat der Ansicht, dass das Ratsreferendum über den Steuerfuss von 121 Prozent rechtskräftig zustande gekommen ist, obwohl dieser Antrag im Parlament zuvor keine Mehrheit fand, und aufweiche rechtlichen Überlegungen stützt er seine Einschätzung?
- Zu welchem Zeitpunkt war dem Stadtrat vor der Parlamentssitzung bekannt, dass es allenfalls zwei Ratsreferenden im Zusammenhang mit der Festsetzung des Steuerfusses geben könnte?
- Welche Abklärungen hat die Verwaltung im Vorfeld mit kantonalen Stellen getroffen und welche schriftlichen Einschätzungen oder Empfehlungen liegen vor?
- Wurde im Rahmen der Abklärungen auch die Möglichkeit geprüft, beide Ratsreferenden gleichzeitig zur Volksabstimmung zu bringen?
- Wie gedenkt der Stadtrat nun weiter vorzugehen, um die Rechtmässigkeit der Vorgänge zu klären, und mit welchen kantonalen Gremien?
- Könnte eine Beschwerde gegen das Zustandekommen des Ratsreferendums beim Kanton die Rechtskraft des Steuerfusses oder den Zeitpunkt der Volksabstimmung verzögern?
- Welcher konkreten Fragestellung wird der Stimmbevölkerung zum Steuerfuss unterbreitet werden?
- Ist der Stadtrat bereit, das Resultat der Abklärung mit den zuständigen kantonalen Stellen öffentlich zu machen?
Pascal Stieger,
Stadtparlamentarier, SVP-Fraktion